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Schlagwörter: Gewusst wie Leitfaden Tipps und Tricks Übersetzungsprojekt
Autor: Amelie Aichinger
Gewusst wie: Übersetzer finden (Teil 2)
Die Übersetzer- und Dolmetschersuche
Im letzten Beitrag haben wir uns mit dem Unterschied zwischen selbstständigen Übersetzerinnen und Übersetzern und Übersetzungsagenturen sowie deren Vor- und Nachteilen beschäftigt.
Nun, da Sie sich für eine Ihrem Bedarf gerechte Lösung entschieden haben, können Sie sich auf die Suche nach einer Agentur oder nach selbstständigen Übersetzerinnen und Übersetzern machen. Doch wo finden Sie eigentlich geeignete Übersetzungsdienstleister?
Hinweis: Da es sich bei Cosmic Lingua derzeit um das Unternehmen einer Soloselbstständigen handelt, werde ich mich in der folgenden Auflistung auch auf diesen Bereich konzentrieren. (Bei Einzelpersonen ist es häufig schwieriger zu beurteilen, ob sie auch gute Qualität liefern – schließlich handelt es sich bei Übersetzern nicht um einen geschützten Beruf. Bei Agenturen werden Übersetzerinnen und Übersetzer vor der Zusammenarbeit meist durch (vom Übersetzer kostenfrei durchzuführende) Tests ausgewählt und müssen bestimmte Kriterien erfüllen, insbesondere dann, wenn die betreffende Agentur nach ISO 17100 zertifiziert ist.)
Wo werden Sie fündig?
Übersetzerinnen und Übersetzer, aber auch Übersetzungsagenturen finden Sie (wie heute so vieles) am einfachsten im Netz:
Suchkriterien
Wichtig bei der Suche nach Übersetzerinnen und Übersetzern, aber auch auf der Suche nach Agenturen, ist die Sprachkombination: Suchen Sie nach einer Person, die sowohl die Sprache des Originaltextes als Arbeitssprache hat, als auch die der Übersetzung. Im Idealfall sollte er oder sie auch in die eigene Muttersprache übersetzen, da es sich so leichter abschätzen lässt, ob eine Übersetzung auch natürlich und eben nicht wie eine Übersetzung klingt.
Ein weiter wesentlicher Suchparameter ist auch das Fachgebiet, also der Themenbereich des Textes. Jemand, der sich auf juristische Texte spezialisiert hat, übersetzt oft ungern technische Anleitungen.
Suchmaschine
Eine der häufigsten Anlaufstellen für Übersetzersuchen ist sicherlich die Suchmaschine Ihrer Wahl – bei den meisten Menschen wohl Google. Die spucken in den Suchergebnissen allerdings ganz oben diejenigen aus, die die beste Suchmaschinenoptimierung betreiben – das sind meist große Agenturen mit viel Geld, die häufig leider auch großen Preisdruck auf Übersetzerinnen und Übersetzer ausüben. (Dieser kann in Extremfällen übrigens auch zu Qualitätsmängeln führen.)
Ob solche Agenturen auch die idealen Ansprechpartner für Ihr Projekt sind, ist gerade bei Nischenspezialisierungen wie der Raumfahrt schwer zu sagen.
Netzwerke
Berufsnetzwerke wie LinkedIn bieten eine große Auswahl, allerdings ist es hier manchmal schwer zu unterscheiden, wer professionell arbeitet und wer nicht. Außerdem bieten sie erfahrungsgemäß eine sehr breite Suchergebnisauswahl, die sich leider schwer auf bestimmte Parameter eingrenzen lässt.
Hervorragend eignen sie sich hingegen dafür, die ausgewählten Übersetzerinnen und Übersetzer etwas besser „kennenzulernen“ und sich einen detaillierteren Überblick über deren Ausbildung und Qualifikation zu verschaffen.
Berufsverbände
In den meisten Ländern sind Übersetzer in Dachverbänden zusammengeschlossen, die nicht nur ihre Interessen vertreten, sondern ihre Mitglieder auch sorgfältig auswählen. In Deutschland ist das beispielsweise der BDÜ, der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer, und in Großbritannien gibt es unter anderem das ITI, das Institute for Translation and Interpreting.
Für die Mitgliedschaft wird eine gewisse Qualifikation vorausgesetzt, die von Verband zu Verband variiert. Beim BDÜ beispielsweise ist die Vorlage einer beglaubigten Zeugniskopie über eine erfolgreich abgeschlossene Übersetzerausbildung erforderlich, während für die Mitgliedschaft beim ITI eine strenge Übersetzungsprüfung abgelegt werden muss, unabhängig davon, ob eine einschlägige Ausbildung abgeschlossen wurde oder nicht.
Die meisten Verbände bieten für Außenstehende praktische Datenbanken, die bei der Suche nach der richtigen Übersetzerin oder dem richtigen Übersetzer helfen. Hier können unter anderem Fachgebiete und Sprachkombinationen eingegeben und Mitglieder entsprechend gefiltert werden.
Deutschland: Gerichtsdatenbank
In Deutschland gibt es zudem eine Besonderheit: Unter https://www.gerichts-dolmetscher.de/Recherche/ kann eine Datenbank der gerichtlich beeidigten Übersetzerinnen und Dolmetscher eingesehen werden. Diese ist besonders praktisch, wenn Sie eine beglaubigte Übersetzung benötigen.
Qualifikation
Nun wissen Sie, welche Möglichkeiten es gibt, Übersetzerinnen und Übersetzer zu finden. Da es sich bei der Berufsbezeichnung allerdings um keine geschützte handelt, ist es wichtig, auch die Qualifikationen zu beurteilen. Was gibt es hier zu beachten? Was macht eine gute Übersetzerin oder einen guten Übersetzer aus?
Abschluss einer Übersetzerausbildung oder langjährige Berufserfahrung
Wer zwei Sprachen spricht, ist nicht automatisch eine gute Übersetzerin oder ein guter Übersetzer. Genauso gut könnte man davon ausgehen, dass jeder, der zehn Finger hat, ein guter Pianist ist! Übersetzung erfordert viel Feingefühl und eine gute Kenntnis von mindestens zwei Kulturen, daher sollte bei der Auswahl unbedingt darauf geachtet werden, dass er oder sie entweder eine Übersetzerausbildung abgeschlossen hat oder als Quereinsteigerin oder Quereinsteiger auf langjährige Berufserfahrung zurückblicken kann.
Spezialisierung
Im Englischen gibt es den schönen Ausspruch „a jack of all trades is a master of none“ – er bedeutet so viel wie: Jemand, der alles kann, kann nichts richtig gut. Und so verhält es sich auch bei Übersetzerinnen und Übersetzern.
Die Übertragung von einem Text von einer Sprache in die andere erfordert auch spezielles Wissen über das Fachgebiet. Das hat mehrere Gründe:
- Textkonventionen: Texte aus verschiedenen Fachgebieten werden unterschiedlich formuliert. So klingt ein Vertrag beispielsweise ganz anders als ein Software-Handbuch. Übersetzerinnen und Übersetzer müssen gängige Formulierungen und Textstrukturen gut kennen, um ein Ergebnis zu erzielen, das eben nicht wie eine Übersetzung klingt.
- Hintergrundwissen: Nur wer weiß, was er übersetzt, kann auch gut übersetzen. Wer den Inhalt eines Textes nicht versteht, kann nur Wort für Wort arbeiten und weiß nicht, ob der übersetzte Text überhaupt Sinn für Leserinnen und Leser ergibt. Eine Qualitätskontrolle ist somit unmöglich.
- Fachbegriffe: Auch Fachbegriffe spielen eine wesentliche Rolle. Ein- und dasselbe Wort kann in unterschiedlichen Zusammenhängen unterschiedlich übersetzt werden und nicht immer kann man das einfach klar aus dem Wörterbuch ablesen!
Mitgliedschaft in einem Berufsverband
Wie bereits oben beschrieben, ist die Mitgliedschaft in einem Fachverband ein guter Hinweis auf Qualität, da erst eine Qualifikation nachgewiesen werden musste. Außerdem bieten Verbandsmitglieder weitere Vorteile: Sie sind meist an einen Verhaltenskodex gebunden (der unter anderem Themen wie Verschwiegenheit und Qualität abdeckt).
Fort- und Weiterbildungen
Fachgebiete entwickeln sich ständig weiter. Somit ist es wichtig, dass Übersetzerinnen und Übersetzer am Ball bleiben und sich über aktuelle Fortschritte und auch die zugehörige Terminologie informieren. Auch in Sachen Übersetzungstechnologie sollten sie auf dem Stand bleiben.
Leider ist nicht immer klar erkenntlich, ob eine Übersetzerin oder ein Übersetzer sich regelmäßig fortbildet. Das ITI beispielsweise zeigt in seiner Datenbank an, wer die Vorgabe von mindestens 30 Stunden Fortbildung jährlich absolviert hat. Viele Übersetzerinnen und Übersetzer erwähnen Fortbildungen aber auch auf ihren Websites oder ihrem LinkedIn-Profil.
Arbeitsproben, Kundenfeedback und Fallbeispiele
Manche Übersetzerinnen und Übersetzer bieten auf ihrer Websites Arbeitsproben, Kundenstimmen und -feedback oder Fallbeispiele an, die sehr aufschlussreich sein können. Leider verbietet uns die Zusammenarbeit mit Übersetzungsagenturen aus Gründen der Vertraulichkeit leider häufig die Zusammenstellung eines Portfolios.
Auch für die Seite von Cosmic Lingua ist geplant, in näherer Zukunft einige Fallbeispiele und ein Portfolio bereitzustellen. Kundenstimmen finden Sie bereits jetzt hier.
Ausblick
Geschafft! Sie haben den nächsten und womöglich schwierigsten Schritt gemeistert: Ihr Text ist bereit und Sie haben eine Übersetzerin oder einen Übersetzer gefunden. Die Bearbeitung kann nun beauftragt werden – aber welche Angaben brauchen Übersetzerinnen und Übersetzer im Idealfall schon bei der Auftragsvergabe? Damit möchte ich mich Anfang des kommenden Jahres beschäftigen.
(Hinweis: Die oben beschriebenen Punkte sind auch für die Suche nach Dolmetscherinnen und Dolmetschern anwendbar. Sie übersetzen das gesprochene Wort in andere Sprachen – bei der Suche in Datenbanken ist diese Unterscheidung sehr wichtig, denn nicht alle Übersetzerinnen und Übersetzer dolmetschen und nicht alle Dolmetscherinnen und Dolmetscher übersetzen!)
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