Gewusst wie: Notfallkommunikation
Was zu tun ist, wenn etwas schiefgeht
Manchmal wirft einem das Leben Steine in den Weg. Und manchmal riesige Felsblöcke in der Form großer Missgeschicke. Dann heißt es: anpacken und das Problem beheben. Wenn schwerwiegende Probleme allerdings an die Öffentlichkeit gelangen, ergibt sich daraus ein noch viel größeres Potenzial für weitere Schwierigkeiten.
Was möchte ich damit sagen? Wenn etwas schief geht, ist es wichtig, richtig zu kommunizieren. Und da kürzlich eingetretene Ereignisse auf der politischen Weltbühne einen sehr guten Aufhänger für dieses Thema bereitstellen, möchte ich Ihnen heute einen kurzen und hoffentlich hilfreichen Leitfaden für gute Notfallkommunikation an die Hand geben, der sich sowohl firmenintern als auch extern anwenden lässt.
Fallbeispiel: Signal-Gate
Egal, was man von ihr halten mag, für eines ist die aktuelle US-Regierung gut: Beispiele für schlechte Notfallkommunikation. Mit „Signal-Gate“ lieferte sie uns vor wenigen Wochen ein konkretes Beispiel dafür, was alles schiefgehen kann. Deshalb dachte ich mir, das sei eine gute Gelegenheit, dieses Thema aufzugreifen, das schon lange in meiner Schublade schlummert.
Was geschah
Für alle, die aufgrund der konstanten Nachrichtenschwemme aus den Vereinigten Staaten die Details wieder vergessen haben, und alle, die diesen Beitrag erst zu einem späteren Zeitpunkt finden, hier eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse: Der Journalist Jeffrey Goldberg (Chefredakteur der US-Zeitschrift The Atlantic) wurde irrtümlich einem Gruppenchat in der Messenger-App Signal hinzugefügt, in der führende Mitglieder der US-Regierung (wie Verteidigungsminister Pete Hegseth) unter anderem konkrete Angriffe auf Huthi-Rebellen planten. Er nahm zunächst an, dass es sich hierbei um einen schlechten Scherz handeln müsse. Doch zu seiner Überraschung stellte Goldberg fest, dass diese Angriffe nur wenige Stunden später tatsächlich wie im Chat besprochen ausgeführt wurden. Völlig sprachlos angesichts dieser Sicherheitslücke veröffentlichte Goldberg einen Artikel (Original auf Englisch; hier ein deutscher Bericht) über diese unglaublichen Vorkommnisse.
Die Folgen
Auf die Veröffentlichung folgte eine Flut der Dementis durch die US-Regierung, die Goldberg der Lüge bezichtigte (eine, wie ich finde, sehr transparente Taktik der Unterdrückung unliebsamer Presseberichte). Als Goldberg daraufhin Screenshots aus dem Gruppenchat veröffentlichte und seine Behauptungen untermauerte, begannen Mitglieder des Chats, wie Hegseth, und sogar der US-Präsident selbst, die Angelegenheit herunterzuspielen. Anstatt entsprechende Konsequenzen zu ziehen, versuchte man, sämtliche Anschuldigungen gefährlicher Verhaltensweisen an sich abprallen zu lassen.
So geht es richtig
Wie man sehen kann, ist Signal-Gate ein hervorragendes Beispiel für schlechte Notfallkommunikation und schlechtes Kommunikationsmanagement. Die US-Regierung machte so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Doch wie macht man es richtig? Was gilt es zu tun, wenn die Öffentlichkeit Wind von einem potenziell rufschädigen Skandal bekommt? Das erfahren Sie in der folgenden praktischen Übersicht.
Das sollten Sie tun
Das Wichtigste ist: Planen Sie voraus. Die Chancen, dass irgendwann einmal etwas schiefgeht, stehen leider gut. Und wenn es soweit ist, müssen Sie schnell richtig reagieren können. Stellen Sie deshalb vorab einen Kommunikationsleitfaden zusammen, in dem Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber informiert werden, was zu tun ist. Dieser Leitfaden sollte Anweisungen zu Folgendem enthalten:
- Kommunizieren Sie ehrlich. Stellen Sie Fakten bereit und erläutern Sie die Geschehnisse, um zu verhindern, dass rufschädigende Gerüchte über den Vorfall die Runde machen. Seien Sie geradeheraus; das wird Ihnen helfen, das Vertrauen der Menschen zurückzuerlangen.
- Geben Sie Fehler zu. Versuchen Sie nicht, (richtige) Anschuldigungen zurückzuweisen, sondern gehen Sie darauf ein. Widerlegen Sie bei Bedarf falsche Anschuldigungen, aber geben Sie Fehler zu, falls diese gemacht werden. Auch damit präsentieren Sie sich als glaub- und vertrauenswürdig.
- Kommunizieren Sie zeitnah und proaktiv. Eines sollten Sie um jeden Preis vermeiden: Dass Meldungen über einen Fehler oder ein Problem von anderen geleakt werden. Geben Sie große Fehler, die sowieso früher oder später an die Öffentlichkeit gelangen würden, hingegen schnell und aktiv zu, anstatt darauf zu warten, dass sich die Nachricht wieder im Sande verläuft, ohne dass Sie dazu Stellung beziehen müssen. (Das funktioniert nur bei sehr wenigen Menschen.)
- Ziehen Sie Konsequenzen und kommunizieren Sie diese. Große Fehler oder Probleme müssen Konsequenzen nach sich ziehen, die dazu beitragen, solche Szenarien in der Zukunft zu vermeiden. Dabei könnte es sich um die Überarbeitung von aktuellen Verfahren, die Einführung neuer Regelungen, oder, in Extremfällen, um personelle Konsequenzen handeln. Wurde Ihre Situation in der Presse bekannt, stellen Sie sicher, dass auch die darauffolgenden Maßnahmen entsprechende Aufmerksamkeit erhalten. Und wer offensichtlich etwas unternimmt, um Wiedergutmachung zu leisten, kann nicht nur etwaige Strafen mindern, sondern dessen Ruf erholt sich auch deutlich schneller.
- Benennen Sie Kontaktpersonen. Stellen Sie sicher, dass nur eine oder wenige Personen mit Presse usw. reden. Dadurch ist es einfacher, eine gleichbleibende Botschaft zu kommunizieren und Spekulationen durch Unbeteiligte aus dem Unternehmen zu vermeiden.
Das sollten Sie vermeiden
Es gibt natürlich auch einige Dinge, die vermieden werden sollten. Einige davon hatte ich bereits in der kurzen Beschreibung der Folgen von Signal-Gate genannt:
- Warten Sie nicht. Darauf zu warten, dass sich ein Aufschrei der Öffentlichkeit von selbst legt, ohne sich klar zu dem Vorfall zu äußern, wird früher oder später zu wilden Spekulationen führen, die Ihrem Ruf schaden können. Wenn es zu einem solchen Ereignis kommt und eine „öffentliche“ (ob unternehmensinterne oder externe) Aufarbeitung nötig ist, müssen Sie möglichst früh Stellung nehmen.
- Spielen Sie das Geschehene nicht herunter. Sie könnten somit als unaufrichtig und Verantwortung scheuend wahrgenommen werden.
- Vermeiden Sie eine Überreaktion. Ja, auch zu viel Kommunikation ist in diesem Fall nicht gut. Sie wirkt meist defensiv und kann die Beschäftigung der Öffentlichkeit mit dem Vorfall unnötig in die Länge ziehen. Beschränken Sie sich auf das Nötigste und bleiben Sie bei den Fakten. Reden Sie nichts schön, aber vermeiden Sie es auch, unnötige Details an die Öffentlichkeit zu geben.
Fehler sind menschlich
Und sie lassen sich leider nicht vermeiden. Früher oder später macht jeder einmal einen Fehler. Doch wenn der Ruf des Unternehmens auf dem Spiel steht, müssen Sie nicht nur schnell, sondern auch richtig reagieren. Schließlich verbreiten sich schlechte Nachrichten in unserem digitalen Zeitalter wie ein Lauffeuer.
Wir alle sind uns bewusst, dass Irren menschlich und niemand perfekt ist. Doch darauf zu warten, dass sich potenziell schädigende öffentliche Meldungen von selbst erledigen, kann zum Untergang führen. Haben Sie deshalb keine Angst, sondern teilen Sie der Öffentlichkeit ehrlich mit, was wirklich geschah. Seien Sie transparent und kommunizieren Sie zur Markenpersönlichkeit des Unternehmens passend. Erläutern Sie den Vorfall und teilen Sie die gezogenen Konsequenzen mit, die solche Ereignisse in der Zukunft vermeiden sollen. Die Menschen werden Ihnen dadurch sehr viel schneller verzeihen, als wenn Sie einen wesentlichen Vorfall versuchen herunterzuspielen oder zu vertuschen.
Kommentare sind deaktiviert